Mit meinem Beitrag „Kulturförderung und Crowdfunding: ein ungleiches Paar“ wollte ich auf Hindernisse hinweisen, die ich in der Kombination beider Finanzierungskonzepte sehe. Keinesfalls aber wollte ich diesem Konzeptmix einen grundsätzlichen Riegel vorschieben. Nach wie vor sehe ich auch eine sehr große Chance darin und möchte daher jetzt einfach mal das Szenario weiterspinnen.
3. Crowdfunding als Vorqualifizierung. Vielleicht kann zukünftig die Kulturförderung Projekte als Vorauswahl nutzen: Bei erfolgreicher Finanzierung des Projektes, gibt die Kulturfoerderung nochmal 50% dazu… oder so. (Quelle)
Welche Vorteile würden sich aus der Kombination von Crowdfunding und „klassischer“ Kulturförderung ergeben?
1. Crowdfunding ist eine Chance für Kommunikation. Crowdfunding ist für mich nicht nur ein Finanzierungsmodell, sondern auch ein Grund zur Kommunikation. Öffentlichkeitsarbeit, wie auch interne Kommunikation, ist in den meisten kleineren Kunst- und Kulturprojekten immer noch ein kleines Gänseblümchen. Manchmal braucht man einfach mal einen guten Grund für mehr.
2. Förderkriterien können vereinfacht werden. In Förderrichtlinien steht in der Regel, für welche Ziele die Fördermittel eingesetzt werden sollen und zu welchen Bedingungen Geld fließt. Mit der Praxis hat das aber leider nicht viel zu tun. Ich habe es bisher immer so erlebt, dass man erst eine Idee hat und dann nachschaut, welcher Topf passt. Im Endeffekt ist man dann sehr viel damit beschäftigt die eigentlich schon fertige Idee an die Kriterien der Richtlinien anzupassen. Für mich war das immer eine Gefühl des „Verbiegens“. Professionalisierung im Bereich der Konzepterstellung heißt dann meist, dass diese „Anpassung“ einfach nur schon eher geschieht. Ob das aber auch immer zu besseren Projekten führt, darf bezweifeln.
Ganz klar ist das auch die größte Hürde für die Umsetzung der oben benannten Idee. Zum einen bedarf es ein grundlegendes Umdenken seitens der Fördermittelgeber, weil diese dann wirklich nur noch zum reinen Verwalter werden. (Ich selbst möchte so einen Job nicht machen, ich weiß aber, dass es sie gibt, diejenigen die in Buchhaltung aufgehen.) Zum anderen gilt es dann auch Diskussionen um Vorbehalte mit langem Atem und viel Ruhe zu Ende zu führen. Nur so kann es für alle klappen. Entscheiden über die Mittelvergabe wird am Ende der Fan und zwar entweder direkt über die Mitfinanzierung oder indirekt über das Weitersagen und Mitgestalten.
3. Die Qualität der Angebote könnte steigen. Es gibt immer Gestaltungs- und Verbesserungspotential. Es kann also gut sein, dass durch den größeren Austausch über die Projekte und Inhalte ein besseres Ergebnis erzielt wird. Ich denke das kann prinzipiell in allen Fällen funktionieren. Man braucht aber auch nicht viel Fantasie, um sich das Gegenteil vozustellen. Ich meine, es kann auch sein, dass Protagonisten den größeren Kommunikationsbedarf als zusätzliche Last empfinden und die Konzentration nicht mehr für das Wesentliche ausreicht. An dieser Stelle wird klar, wie wichtig Erfahrung und Erfahrungsaustausch ist.
4. Es können mit der gleichen Menge öffentlicher Mittel mehr Projekte (mit)finanziert werden. Das dürfte logisch sein. Wobei man bedenken muss, dass auch jetzt schon Projekte in den seltensten Fällen zu 100% gefördert werden. Doppelt so viele Projekte werde es also nicht.
5. Der Eigenanteil kann entfallen. In der Regel ist in den Förderrichtlinien ein Eigenanteil festgeschrieben. Meist bewegt der sich zwischen 5 – 10 Prozent. So findet man z.B. auch in den Förderrichtlinen der Kulturstiftung des Freistaates Sachsen folgendes:
4.1.4
Das zur Förderung beantragte Vorhaben ist vom Antragsteller grundsätzlich in Höhe von mindestens fünf Prozent der Gesamtausgaben aus eigenen Mitteln zu finanzieren.
Die Kulturstiftung kann einer Ermäßigung des Eigenmittelanteils in angemessenem Umfang zustimmen, wenn der Antragsteller freiwillige unentgeltliche Leistungen erbringt.
Freiwillige, unentgeltliche Leistungen des Antragstellers und Dritter dürfen nur in Höhe des marktüblichen Geldwertes veranschlagt werden. Sie sind nicht Bestandteil des Finanzierungs-, Haushalts- oder Wirtschaftsplans, sondern getrennt davon auszuweisen und, soweit sie für die Bewilligung maßgebend sind, im Zuwendungsbescheid für verbindlich zu erklären.
Mit Eigenanteil sind übrigens nicht Teilnehmerbeiträge oder Eintrittserlöse gemeint. Konkret bei der Kulturstiftung Sachsen beträgt die Förderhöhe max. 50% bzw. max. 80% unter bestimmten Voraussetzungen. Dies summiert sich demnach noch nicht auf und ist definitiv auch nicht so gemeint. Bei der Erstellung solcher Förderkriterien dachte man wohl eher an Gelder, über die der Verein aus Mitgliedsbeiträgen oder Spenden verfügt. Ich jedenfalls werte das definitiv als Hindernis auf das ich gern verzichte. Den Eigenanteil gab es meines Wissens nicht schon immer, er ist wohl eher ein Ergebnis knapper werdender Kassen.
6. Fokus wieder auf den Inhalt und mehr Spaß an der Arbeit. In den letzten Jahren habe ich ganz deutlich gemerkt, wie die Sorge über drohende Kürzungen alle Gespräche bestimmt und alles umschleiert hat. Welche Wirkungen das auf das Arbeitsklima (natürlich am meisten in Organisationen mit festangestellten Mitarbeitern) und die Kreativität erzielt hat, brauche ich wohl nicht auszumalen. Frischer Wind der diesem Trend entgegenbläst, ist meiner Meinung nach dringend notwendig und eine riesen Chance!
7. Mehr Kreativität durch neue Netze. Um das Thema Crowdfunding ist eine recht interessante Community entstanden, die sich nicht an die bestehenden Verbindungen orientiert. Crowdfunding ist eine Entwicklung, die man jetzt live mitgestalten kann. Es liegt nahe, dass ich mich mit anderen Crowdfunding-Projekten auseinandersetze, um zu verstehen, welche Faktoren wichtig sind. Ich setze mich also ganz bewußt auch mit Dingen und Personen auseinander, die ich in meine eigenen Anliegen mit einbringen oder direkt einbauen kann.
8. Mischkonzept für den Einstieg in das Unternehmertum. Nicht in jedem Fall ist eine Professionalisierung soweit möglich, dass sich daraus zwangsläufig eine Unabhängigkeit von öffentlicher Förderung ergibt. Potential ist aber da.
9. Mehr Transparenz. Die heftisten Diskussionen werden über die Verteilung der Gelder geführt. Für Dresden kann man das z.B. anhand der Aktion „Kulturprozent“ nachlesen. In Leipzig finden sich diese Diskussionen und Aktionen unter dem Name „Leipzig Plus Kultur„. Beim Crowdfunding stellen sich zwar ebenfalls Fragen nach der gerechten Verteilung (Einen wichtigen Hinweis liefert Martin Reichelt im Blog von bei Christian Henner-Fehr), aber die Transparenz steigt.
Was habe ich vergessen?