Gestern habe ich auf den 12 Punkte Erfahrungsbericht zur Crowdfunding-Konferenz co:funding hingewiesen. Den Punkt 3 davon finde ich sehr interessant, da ich das so noch nicht gelesen oder gehört habe.
3. Crowdfunding als Vorqualifizierung. Vielleicht kann zukünftig die Kulturförderung Projekte als Vorauswahl nutzen: Bei erfolgreicher Finanzierung des Projektes, gibt die Kulturfoerderung nochmal 50% dazu… oder so.
Ähnlich, wie Christian Henner-Fehr in seinen Blogbeitrag darstellt, sehe ich in der Idee auch einiges an Potential. Mir ist aber aufgefallen, dass in der Idee, so wie sie formuliert ist, zwei Einzelteile zusammen gebracht werden, die so nicht zusammen gehören. Das was wir suchen sind die anderen 50%, d.h. es geht also um die Menge, um die Höhe der Finanzierung. Kulturförderung ist aber ein Instrument, die diesen Aspekt, die Höhe der Förderung, gar nicht beeinflußt. In der Kulturförderung muss lediglich die Entscheidung getroffen werden, ob ein Projekt gefördert wird oder nicht. Das ist eine rein kurative Aufgabe. Die Frage nach der Menge des Geldes wird zum einen in den Haushaltsplänen festgelegt und zum anderen ebenfalls auf Seiten der Politik, wenn die Förderrichtlinien formuliert werden. Der Prozess der Kulturförderung ist Verwalten und Kuratieren.
Crowdfunding wiederum ist ein Instrument, das für diese zwei Aufgaben eine eigene Lösung gefunden hat und bindet die Aufgabe der zweiten Ebene, das Entscheiden über die Höhe, gleich mit ein. Das kurative Element, das Entscheiden ob ein Projekt Geld bekommt, wird in viele kleine Einzelentscheidungen gesplittet. Zusätzlich entscheidet sich die Höhe dieser „Einzelteilfinanzierung“ in Personalunion. Die Entscheidung schafft im Endeffekt Tatsachen. Ist das notwendige Geld zu mindestens 100% vorhanden, bekommt das Projekt das Geld. Wie sehr dabei die Frage nach dem „Wie viel?“ an die Kuration gebunden ist, zeigt sich indem es sogar möglich ist, dass Projekte überfinanziert werden. Der Verwaltungsakt und die Richtlinien wiederum werden von den Crowdfunding-Plattformen bestimmt. Hervorzuheben ist, dass Crowdfunding den Verwaltungsakt soweit automatisiert hat, dass er in diesem Text hier eigentlich kaum mehr eine Erwähnung finden muss. (Die Crowdfundingplattform Startnext.de hat jetzt sogar angekündigt, aufgrund der Gemeinnützigkeit die Provision komplett zu streichen.) Der Verwendungsnachweis, im Fall der Kulturförderung nicht wirklich beliebt, ist beim Crowdfunding das Dankeschön bzw. die Projektumsetzung selbst, hat also eher was mit Spaß und Freude zu tun!
Und zusammen?
Setzt man also Crowdfunding vor die Kulturförderung, hat man das Problem, dass eigentlich schon entschieden ist, dass das Projekt förderwürdig ist. Die Rahmenbedingungen, die Begrenztheit des Fördertopfes aber macht es notwendig dann noch einmal zu entscheiden. Kulturförderung und Crowdfunding sind also eher ein recht eigenwilliges Paar, die sich nicht so einfach ergänzen.
Bei Christian Henner-Fehr findet man zudem einen weiteren Hinweis, der aber vielleicht noch handhabbar ist.
„Gelingt es mir, auf diese Weise bereits die Hälfte der Kosten abdecken […]“
Anders als es bisher auf den Crowdfundingplattformen umgesetzt ist, ist das Ziel nicht 100%, sondern 50% Funding. Rein theoretisch, logisch und natürlich auch technisch ist das umsetzbar, erfordert aber noch einmal neu darüber nachzudenken, wie Projekte und Ideen kommuniziert werden. Wie eben erwähnt, ist Kulturförderung mit einem endlichen Volumen und demnach eine zusätzliche Entscheidung notwendig. Fällt diese negativ aus, wird man sich auf Seiten der Unterstützer fragen, warum man nicht gleich auf 100% Crowdfunding gezielt hat.
Mal davon abgesehen, dass Kulturförderung und Kulturpflege als Aufgabe des Staates definiert ist und das auch ein Teil unserer Kultur ist, stehen die Zeichen also eher auf reines Crowdfunding und lassen Kulturförderung nicht so gut aussehen. Einfach so auf die Kulturförderung verzichten möchte ich aber auch nicht. Denn auch sie ist immer noch DAS Mittel, um „Kultur möglich zu machen“.
Wenn Crowdfunding bedeutet, dass viele kleine Entscheidungen getroffen werden müssen, heißt dass auch, dass ich viele kleine Entscheider erreichen muss. Daraus wird klar, dass Crowdfunding wiederum sehr auf die Sozialen Netzwerke angewiesen ist. Über Facebook und Twitter ist es mir möglich eine Idee anzustoßen, damit ich diese vielen kleinen Entscheider erreichen kann. Wie man das macht und welche Faktoren dabei wichtig sind, wird derzeit viel diskutiert und vor allem auch immer noch weiter entwickelt. Wir befinden uns also auf dem Weg und nicht am Ziel. Es sollte dabei aber auch klar werden, dass wir alle bereits los gelaufen sind und auch diejenigen die Entwicklung mitgestalten müssen, die jetzt noch auf die Kulturförderung bauen.