Vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung wurde auf ausdrücklicher Empfehlung der Enquete-Kommission des Bundes im 2009 ein Kulturentwicklungsplan vom Sächsischen Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst erstellt. Im Vorfeld dazu wurde Gespräche mit „ausgewählten Fachleuten der sächsischen Kulturlandschaft“ geführt. In fünf Workshops stellte daraufhin das Ministerium – damals noch unter Eva-Maria Stange (SPD) – das Arbeitspapier im Frühjahr 2009 zu Diskussion. Inhaltlich wurden die Themen für die fünf Termine in „Kultur und demografischer Wandel“, „Kulturwirtschaft“, „kulturelle Bildung“, „Kulturentwicklung in einer globalisierten Welt“ und „Kulturmarketing“ gegliedert.
Soviel zur Entstehung. Interessanterweise gab es damals begleitend zu den Workshops ein Blog unter der Adresse www.kulturblog.sachsen.de. Leider erhielt das Blog kaum Kommentaren, wahrscheinlich sogar wenige Nutzer, da dies meines Einschätzung nach wenig beworben wurde und das Thema Kulturpolitik (heute wie) damals sehr trocken kommuniziert wurde. Das Ausscheiden der SPD aus der Landesregierung war für das Abschalten des Blogs wahrscheinlich gar nicht mehr ausschlaggebend.
Das Papier, welches man auf der Seite www.kulturland.sachsen.de als PDF herunterladen kann, möchte ich hier jetzt noch einmal etwas schreiben, da es auch wesentliche Aussagen zum Verständnis der Kreativwirtschaft auf Landesebene beinhaltet.
Zunächst die Definition:
Unter dem Begriff Kultur- und Kreativwirtschaft werden diejenigen Kultur- und Kreativunternehmen erfasst, die überwiegend erwerbswirtschaftlich orientiert sind und sich mit der Schaffung, Produktion, Verteilung und/oder medialen Verbreitung von kulturellen/kreativen Gütern und Dienstleistungen befassen. Der verbindende Kern jeder kultur- und kreativwirtschaftlichen Aktivität ist der schöpferische Akt von künstlerischen, literarischen, kulturellen, musischen architektonischen oder kreativen Inhalten, Werken, Produkten, Produktionen oder Dienstleistungen. Alle schöpferischen Akte, gleichgültig ob als Unikat, Liveaufführung, serieller bzw. digitaler Produktion oder Dienstleistung, zählen dazu. Ebenso können die schöpferischen Akte urheberrechtlich geschützt oder frei sein. Mit dem Begriff Kultur- und Kreativwirtschaft werden verschiedene Einzelbranchen wie z. B. die Musikwirtschaft, die Filmwirtschaft, der Buchmarkt und andere mehr zu einem Branchenkomplex zusammengefasst. Als verbindender gemeinsamer Kern dient hier die „schöpferische“ Aktivität, die in der Produktion von Musik, Film, Text, Bilder u. ä. ihren Ausgangspunkt hat. Die Kultur- und Kreativwirtschaft ist derjenige Teil des Kultursektors, der den privaten bzw. marktwirtschaftlichen Bereich umfasst. Ihm werden alle Unternehmen und wirtschaftlichen Aktivitäten des Profit-Sektors zugeordnet. Die übrigen beiden Teilsektoren, der öffentliche und der intermediäre Bereich, umfassen alle Non-profit-Einrichtungen und Aktivitäten, die nicht auf kommerzielle Ziele ausgerichtet sind, sondern primär gesellschaftsbildende Zielsetzungen verfolgen. Die Kultur- und Kreativwirtschaft kann nicht mit dem übergeordneten Begriff „Kultursektor“ gleichgesetzt werden, sondern bildet einen, wenn auch wesentlichen, Teilbereich des gesamten Sektors.
Unter dem Punkt „V. Schwerpunkte mittelfristiger Kulturpolitik für den Freistaat Sachsen“ wird auch in einem recht großen Abschnitt auf die Kultur- und Kreativwirtschaft eingegangen. Wie auch schon über die Schlagwortwolke erkennbar, liegt aus Sicht der Landesebene ein sehr starker Fokus auf dem Bereich Tourismus. Damit spiegelt der Ausblick auf die mittelfristige Entwicklung sehr den Status Quo wieder, ein sicherlich realistischer Ansatz, aber eben auch – und was will man von der Sächsischen Politik auch anderes erwarten – ein sehr konservativer.
Die wirtschaftliche Bedeutung der Kultur- und Kreativwirtschaft rückt zunehmend in das Blickfeld der öffentlichen Aufmerksamkeit. Die Staatsregierung sieht hierin eine Bereicherung der kulturellen Vielfalt und eine Stärkung des Wirtschaftsstandorts Sachsen. Die Kultur- und Kreativbranchen gelten als Zukunftsmärkte für Ideen und
Visionen. Sie werden als innovative Wirtschaftsfelder beschrieben, die neue Sichtweisen und Handlungsansätze schaffen. Die kleinstteilige Branchenstruktur mit einer Vielzahl unterschiedlicher Marktteilnehmer ist nicht nur für rein urbane Regionen von Bedeutung, sie kann sich auch in ländlichen Regionen entwickeln.Auch Sachsen verfügt als Kulturland über eine wachsende Kultur- und Kreativwirtschaft. Wie vom Sächsischen Kultursenat in seinem Kulturbericht 2006 gefordert, hat die Staatsregierung unter der Federführung des SMWA 2008 einen ersten Kulturwirtschaftsbericht für Sachsen in Auftrag gegeben, der die verfügbaren Daten zur Kultur- und Kreativwirtschaft in Sachsen zusammenführt.
So wie die nicht-marktwirtschaftliche Kulturlandschaft durch herausragende Kultureinrichtungen und Initiativen geprägt ist, so verfügt auch die sächsische Kultur- und Kreativwirtschaft über herausragende Aktivitäten und Initiativen im marktwirtschaftlichen Bereich: die Musikinstrumentenproduktion im Vogtland, die Buchstadt Leipzig, die auch für ihre Buchmesse und die Computerspielbranche renommiert ist, der sächsische Staatspreis für Design und die für die Kultur- und Kreativwirtschaft wichtigen Ausbildungsstätten in Zittau, Dresden, Chemnitz oder Leipzig, vor allem die Kunsthochschulen. Sächsische Besonderheit ist das Kunsthandwerk wie erzgebirgische Volkskunst und das Meissner Porzellan.
Der Bericht zur Kultur- und Kreativwirtschaft in Sachsen verfolgt das Ziel, diese als beschäftigungsintensives Segment intern und extern bekannt zu machen. Zudem muss die Binnenkommunikation gestärkt, aber auch die Öffentlichkeitsarbeit – insbesondere durch europaweite Kommunikationsnetzwerke und Plattformen im Internet und eine stärkere internationale Vermarktung der Marktteilnehmer – optimiert werden. Die Förderinstrumente müssen auf die Strukturbedingungen der Marktteilnehmer hin überprüft werden und für einzelne Segmente eine Professionalisierung angestrebt werden. Für die Branchen der ausgewählten Teilmärkte des Berichts – Musikwirtschaft, Buchmarkt, Filmwirtschaft, Designwirtschaft – empfiehlt dieser die Stärkung der Märkte durch mehr Zusammenarbeit und Bündelung, den Ausbau der Schnittstellen sowie Kooperationen mit anderen Teilmärkten. Unausweichlich ist unter Einbeziehung regionaler Ansprechpartner die Verbesserung der Vernetzungen und Vermarktung im Zuge strategischer Planungen (Einbezug von Tourismus, Kulturförderung, Raumplanung, Messen), um Angebot und Nachfrage stärker miteinander zu koppeln.
Insgesamt lässt sich feststellen: Das kulturelle Erbe Sachsens bildet die Quelle für historische, für sächsische Identität und kulturelle Bildung. Diese „Leuchttürme” sächsischer Kultur geben direkt und mittelbar vielen Menschen künstlerischer oder kulturrelevanter Berufe Beschäftigung und beflügeln den Tourismus und sind somit weiterhin wichtiger Bestandteil der Kulturwirtschaft in Sachsen.
Eine entscheidende Rolle bei der Vermittlung kultureller Inhalte spielen die Medien. In der Informations- und Wissensgesellschaft sollte jeder Zugang zu den Informations- und Kommunikationstechnologien haben und befähigt werden, diese kritisch zu nutzen. Die Staatsregierung strebt an, dass eine engere Kooperation kultureller Sendeformate von Hörfunk und Fernsehen des MDR – im Sinne von Medienpartnerschaften – mit den Kultureinrichtungen im Freistaat entwickelt wird.
Die Staatsregierung bekennt sich zum dualen Rundfunksystem und der Bestands- und Entwicklungsgarantie des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und damit zur Drei-Länder-Anstalt des Mitteldeutschen Rundfunks (MDR). Die Fortentwicklung der Struktur des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Deutschland ist eine wesentliche Voraussetzung breiter Legitimation des gebührenfinanzierten Systems. Beide Säulen des dualen Systems sind unverzichtbar und in ihren Funktionen zu erhalten, weiterzuentwickeln und zu stärken.
Die Medienwirtschaft in Sachsen – einschließlich der so genannten Neuen Medien – ist eine Wachstumsbranche. Die Staatsregierung bekennt sich zur Entwicklung der Medienwirtschaft in Sachsen und zum Medienstandort Mitteldeutschland. Das erfordert eine enge Zusammenarbeit und Abstimmung mit den Ländern Sachsen-Anhalt und Thüringen.
Die Sächsische Landesanstalt für privaten Rundfunk und neue Medien erfüllt wichtige Aufgaben bei der Lizenzierung, Kontrolle, Förderung und im Bereich der Medienpädagogik. Sie ist als eigenständige Anstalt beizubehalten und fortzuentwickeln. Dabei sind Kooperationen im Sendegebiet des MDR zweckmäßig.
Kulturtourismus lebt von qualitativ guter Kultur. Sachsen braucht eine hochwertige Kulturlandschaft, um seine Image-Werbung überregional und international zu pflegen und zu festigen – in den urbanen Zentren und in den ländlichen Kulturräumen für verschiedene Kultursparten wie Museen, Theater und Musikkultur. Unsere „Kulturbotschafter” – zum Beispiel die Staatskapelle Dresden und die SKD – tragen das Ihrige dazu bei, dass Sachsen als kulturtouristisches Reiseziel profiliert wird.
Nachhaltigen und dynamischen Kulturtourismus kann es nur dort geben, wo auch authentische Kultur vorhanden ist. Deshalb dürfen Nachhaltigkeit und Innovation bei der Kultur und dem Tourismus einander nicht zuwider laufen. Der Kulturtourismus ist ebenso wie die Kultur- und Kreativwirtschaft ein sehr dynamischer Wirtschaftsbereich. Kultur ist ein Standortfaktor für den Tourismus. Unsere „kulturellen Leuchttürme” leiten regionale bzw. nationale und internationale Touristenströme in unsere Regionen. Sie begründen die Attraktivität für Touristen von auswärts, aber auch für die reisenden Bürgerinnen und Bürger in Sachsen.
Sachsen kann in Bezug auf das Verhältnis von Tourismus und Kultur auf viel Positives verweisen. Das Image Sachsens als Urlaubsland wird von den kulturellen Sehenswürdigkeiten und Veranstaltungen entscheidend mitgeprägt. Sachsen ist mit 23 Prozent aller Kulturreisen innerhalb Deutschlands die Nummer Eins auf diesem Gebiet. Neben historischen Altstädten, historischen Gebäuden, Stadtfesten und Rundfahrten gilt dabei besonders Museumsbesuchen das mit Abstand meiste Interesse. Nach Bayern hat Sachsen das zweitbeste Kulturimage in Deutschland. Die Museen sind wichtige Faktoren dieses Wirtschaftszweiges und eine der Hauptattraktionen. Millionen Besucherinnen und Besuchern kommen Jahr für Jahr wegen der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden, der Semperoper sowie der sächsischen Museen, der Schlösser und Gärten. Rund 92 000 Arbeitsplätze hängen in Sachsen von der Tourismusindustrie ab.
Das Kulturland Sachsen kann im Hinblick auf die kulturtouristische Vermarktung auf zahlreiche Beispiele guter Praxis verweisen, so etwa die Aktivitäten im Rahmen der Ferienstraße „Silberstraße” oder des „Kulturquartiers”, eine Partnerschaft herausragender Kultureinrichtungen, gehobener Hotellerie und führender Wirtschaftsunternehmen der Stadt Dresden, Imagekampagnen und Profilbildungen mit so genannten „Dachmarken” wie „Musikland Sachsen” oder „Schlösserland” u.v.m. Den Handlungsempfehlungen der Bundestagsenquete-Kommission „Kultur in Deutschland” entsprechend, kommt es künftig entscheidend darauf an, länderübergreifend auch die Zusammenarbeit zur Verbesserung der Nutzung des kulturtouristischen Potenzials der UNESCO-Welterbestätten zu intensivieren.
Kulturtourismus muss sich auch der Grenzen des Wachstums bewusst sein. Aus dem Eigeninteresse der Kultur und dem konservatorischen Aspekt der Kulturpflege muss man sich auch der negativen Folgen von ungelenktem, ungebremstem Tourismus gewahr sein. Die Obhut über die Kunstschätze verlangt kluge Konzepte für den Besucherverkehr im Tourismus.
Kulturpflege und Tourismusmarketing benötigen trotz unterschiedlicher Perspektiven und Kulturen eine intensivere Zusammenarbeit im Sinne verbesserter Kommunikation, um für einen werbewirksamen Auftritt der Kultureinrichtungen kulturell angemessene Ausdrucksformen zu entwickeln. Grundsätzlich ist eine noch bessere Koordination und Vernetzung von Tourismusmarketing und Kulturinstitutionen mit Hilfe der Tourismus-Marketing-Gesellschaft Sachsen (TMGS), aber auch in Zusammenarbeit mit regionalen Tourismusverbünden anzustreben und diese Kooperation zu stärken. Sachsen ist weiterhin auch für die Zukunft als weltoffenes Kunst- und Kulturland zu profilieren.
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