Ich selbst habe die Frage „Was ist Crowdfunding für dich?“ gestellt und jetzt möchte ich auch meine Version der Antwort in die Runde werfen. Crowdfunding wird zumeist als alternatives Finanzierungsmodell bezeichnet. Dies ist natürlich vollkommen richtig. Meine Frage zielt daher weniger auf die wortwörtliche Übersetzung, sondern mehr auf die Metaebene. Dennoch möchte ich noch einmal kurz darauf eingehen, was allgemein bei Beschreibung von Crowdfindung genannt wird.
Da die Wikipedia höchstwahrscheinlich mit zu den ersten Quellen gehört, die in der Regel abgefragt werden, zunächst ein Blick in den entsprechenden Artikel über Crowdfunding.
Crowdfunding oder Schwarmfinanzierung ist eine Art der Finanzierung. Mit dieser Methode der Geldbeschaffung lassen sich Projekte, Produkte, die Umsetzung von Geschäftsideen und vieles andere mit Fremdkapital versorgen.
Auch das abgebildete Rollenmodell bezieht sich schwerpunktmäßig auf das Ziel der Finanzierung.
Neben dem, dass wir uns als Projekter und Unterstützer nicht wirklich einen Gefallen tun, wenn wir, wie in diesem Modell, die Geldgeber als „Masse“ bezeichnen – bei der „Masse“ ist „anonym“ fast schon implizit und damit unzählbar, besser wäre schon Menschenmenge, weil zu dieser Zählbarkeit und soziales Gefüge zugehörig sind – würde ich lieber auf eine anderes Modell zurückgreifen. Ich habe dieses Modell schon einmal in einem Beitrag unter der der Überschrift „Mal ganz persönlich erkärt, warum ich dieses Blog schreibe“ vorgestellt. Auch bei der Frage, was Crowdfunding für mich ist, geht es mir um meine persönliche Sicht.
Das hier abgebildete Rollenmodell stammt noch aus meiner Zeit als Bandförderer. Damals war ich klar in der Rolle des Unterstützers und Promoters verortet und musste mir Gedanken machen, welche Möglichkeiten ich in dieser Rolle habe, um Bands, in dem was sie taten und tun, zu unterstützen. Insgesamt ist das Modell natürlich eine starke Vereinfachung, eine gesellschaftliche Ebene, also z.B. ein Staat der fördert ist an den Prozessen noch einmal mit ganz eigenen Interessen beteiligt. Für eine Analogie zum Crowdfunding reicht es aber aus, bzw. ist es genau richtig.
Dabei sollte auffallen, dass hier drei Personengruppen auf dem Zettel stehen habe. Bis auf Startnext, wo über sogenannte „Crowdfunding Pages“ für Unternehmen, Institution, Kommune, Label, Verlag oder Vereine auf eine dritte Gruppe gezielt wird, spricht man auf den Plattformen in der Regel nur von denen, die Projekte starten und diejenigen, die diese Projekte unterstützen. In meiner Sicht auf Crowdfunding erkenne ich aber immer diese drei Gruppen.
Wesentliches Merkmal von Crowdfunding ist das Angebot von direkten Gegenwerten. Wenn ich ein Crowdfundingprojekt unterstütze bekomme ich auch etwas dafür. Es geht eben gerade nicht um Spenden, sondern ganz klar um ein Geschäft. Der Gegenwert muss dabei nicht immer etwas sein, was man klassischerweise als Produkt bezeichnen würde. Die persönliche Aufwerksamkeit für mich, das Einräumen von Zeit, die persönliche Widmung, die Schaffung von Reputation, alles das sind auch Gegenwerte.
Die reine Zweierbeziehung zwischen Produzent und Konsument reicht aber auch beim Crowdfundingmodell dann nicht mehr aus, wenn ich für das Erreichen meines Ziels mehr Konsumenten erreichen müsste als ich das über meine persönlichen Beziehungen schaffen kann. In diesem Fall tritt die Rolle des Promoter in das Szenario ein. Nun ist es in der Regel der erste Schritt, selbst für sein Angebot zu werben. Früher haben sich die Bauern selbst auf den Markt gestellt und und ihre Ware dort präsentiert und wenn notwendig „unter vollem Einsatz der menschlichen Stimme“ beworben. Wichtig ist hierbei wo sie ihre Ware beworben haben, nämlich am Markt und nicht in der Wüste.
Bei neuen Ideen ist aber immer erst einmal nur Wüste vorhanden, der notwendige Markt gar nicht vorhanden. Die herkömmliche Herangehensweise ist daher, mit viel Geld die neuen Produkte in Medien mit großer Reichweite zu präsentieren und dadurch ein Bedürfnis und dadurch wiederum einen Markt zu entwickeln. Ja, es geht auch mit wenig Geld, der Markt entwickelt sich dann aber entsprechend langsamer und der Zeitraum von der Investition bis zur Rentabilität war schon immer der Maßstab an dem sich Erfolg oder Mißerfolg messen muss. Was bringt es dem Kreativen, wenn er seine kreativen Produkte in 10 Jahren für 50.000 € pro Stück verkaufen kann, wenn er in der Zwischenzeit zu verhungern droht. Zudem, Erfolg ist kein Gesetz.
Genau in diese Lücke springt nun Crowdfunding ein. Auf Crowdfunding-Plattform kann ich zukünftige Projekte und Produkte präsentieren. Auf Basis von Vertrauen, welches ich am Anfang über meinen persönlichen Kontakte transportieren kann, geben Unterstützer ihre Zusage, dann mit mir in den Handel zu kommen, wenn die Summe X, die insgesamt für die Produktion notwendig ist, zusammengekommen ist. Diese Zusagen werden wiederum auf dieser Plattform dargestellt und dann geschieht etwas spannendes. Die Zusage der Unterstützung wird selbst wieder für Dritte als Vertrausbeweis erkennbar und wertet mein Produkt auf. Geld wirkt in diesem Fall nicht nur als Tauschmedium mit Warenwert, sondern auch als Medium mit kommunikativen Wert. Der Konsument wird dabei zusätzlich noch zum Unterstützer.
Über Soziale Netzwerke wie Facebook, Twitter oder Google Plus und auch über Blogs kann zudem jeder selbst auch noch zum Promoter werden. Wichtigste Eigenschaft dieser Medien sind dabei Schnelligkeit und Individualität, also der Transport einer persönlichen Meinung. Besonders herausheben möchte ich mit dem Modell der drei Rollen, dass man sich eben auch nur als Promoter, also finanzielle Unterstützung, einbringen kann und man als Projekter und Produzent auch die zwei anderen Rollen jeweils auf eine gezielte Art ansprechen kann und sollte.
Das ist Crowdfunding für mich:
Crowdfunding ist für mich natürlich ein Finanzierungsmodell. Besonders interessant ist Crowdfunding dabei gerade für alles, was mit kreativen und neuen Ideen zu tun hat. Zum einen deswegen, weil neue Ideen eben gerade noch keinen Markt bedienen können und zum anderen, weil kreative und innovative Ideen besonders gern medial geteilt werden. Niemand liest eine Geschichte ein zweites Mal, wenn er sie bereits beim ersten Mal vollkommen verstanden hat. Ein gewisser Neuigkeitswert ist daher auch Voraussetzung für das Weitererzählen einer Story. Crowdfunding ist daher auf alle Fälle auch ein Ideenkatalysator.
Crowdfunding ist in dem Zusammenhang aber auch ein Marketinginstrument. Ich kann mich z.B. auch für Crowdfunding entscheiden, wenn ich auf die Vorfinanzierung meiner Idee auf die Crowd eigentlich gar nicht angewiesen bin, wohl aber die Promoter-Rolle meiner Fans spielen möchte. Natürlich sollte man sich dabei Klaren sein, dass in dem Augenblick, wo ich meine Fans für mich werben lasse, nicht 100%ig steuern kann, wie diese über mich sprechen. In der Tat aber kann ich die härteste Sprache, nämlich das Geld, relativ leicht steuern, indem ich alternative Geldquellen in der Hinterhand habe und gegebenenfalls über Dritte einfließen lasse. Wie immer beim Marketing ist also Manipulation möglich. Ich kann die Relevanz meines Produktes größer erscheinen lassen, als sie tatsächlich ist.
Aus Sicht des Unterstützers ist Crowdfunding zuallererst ein Werkzeug zur Mitbestimmung. Da gerade neuen Ideen unter Umständen damit überhaupt erst ein Markt geschaffen wird, wird das Angebot insgesamt tatsächlich auch größer. Die Mitbestimmung äußert sich z.B., indem ich passende Produkte überhaupt erst wählen kann. Durch die Nähe und die Möglichkeit noch vor der Fertigstellung in den Dialog zu kommen, kann ich als Konsument vielleicht auch Details noch mitbestimmen. Zum Beispiel wäre die Wahl der Rohstoffe für die Produktion auch eine Faktor, der mit Innovation belegt werden kann.
Aus Sicht des Promoters ist Crowdfunding natürlich ein Werkzeug für den Aufbau von Reputation. In dem Augenblick, in dem sich ein Projekter bei mir öffentlich für meine Unterstützung bedankt, fällt etwas von der Erfahrung mit dem Gesamtprojekt, den andere gemacht haben, auf mich als Unterstützer zurück. Auch hier kann ich mir wieder eine Kombination vorstellen, die Crowdfunding für mich als Unterstützer zu einem Marketinginstrument werden lassen. Ich könnte z.B. die Mittel zur Unterstützung von Crowdfunding-Projekten in Abhängigkeit zu meinem eigenen Gewinn ausloben. Interessant wäre das sicherlich für Marken, die gegenüber Konkurrenzprodukten auf Suche nach Alleinstellungsmerkmalen sind.
Nicht unterschlagen möchte ich, dass beim Ziel der gerechte Entlohnung auch Dienstleister nicht außen vor gelassen werden können und sich zusätzliche Einnahmefelder ergeben. Spätestens ab einer gewissen Größe meines Projektes suche ich mir Hilfe von Dritten, die mich vielleicht in Fragen der Strategie beraten oder einfach besser eine Kamera und Schnittprogramm bedienen können als ich.
Besonders schön finde ich, dass Crowdfunding von der Grundidee flexibel genug ist, um eigentlich alles mögliche damit anzustellen. Allen drei beteiligten Personengruppen wird durch Crowdfunding ein Weg angeboten, um Wertschätzung zu verteilen und auch zu erhalten.