Aktuell gibt es einen relativ populären Rechtsstreit, in dem Crowdfunding eine große Rolle spielt. Der Rechtsanwalt Markus Kompa wurde vor der Hamburger Pressekammer für die Einbindung und Verlinkung eines YouTube-Videos verklagt. Die Hamburger Richter kamen zu der Ansicht, dass die Klage rechtens sei und gaben dem Kläger Recht. Da sich in der Rechtssprechung immer auch auf vorgegangene Urteile bezogen wird, selbst dann, wenn sie einem späteren Verlauf wieder aufgehoben wurden, ist es nach Markus Kompa notwendig möglichst lautstark und mit langem Atem gegen dieses Urteil vorzugehen.
Würde es bei dieser Entscheidung bleiben, wären die Folgen fatal, schreibt Markus Kampa:
„Sollte das aktuelle, gegen mich ergangene Hamburger Schandurteil rechtskräftig werden, so werden spezialisierte Anwaltskanzleien, die aus geheimnisvollen Gründen meistens ihren Sitz in Hamburg haben, eine neue Abmahnwelle lostreten. Etliche Blogger, Twitterer, Facebooker, Foren- und Wiki-User und Mailinglistenabsender, die Youtube-Links mit anderen teilen, laufen Gefahr, teure Abmahnungen zu erhalten und bei Widerstand mit aberwitzigen Prozessen überzogen zu werden. Bei einer solchen Bedrohungslage setzt jedoch automatisch etwas viel gefährlicheres ein: Selbstzensur.“
Um die Kosten für die Berufung zu finanzieren bat er in seinem Blog unter der Überschrift „Aktion Klehranlage“ um Unterstützung:
„Da der Prozess aber nun einmal irgendwie finanziert werden muss, biete ich folgendes „Anlage-Modell“ an:
Wenn etwa jeder aus meiner Twitter-Timeline einen 20er spenden würde, wäre der Prozess bis einschließlich BGH spielend finanziert. Ein 20er entspricht in etwa den Kosten eines Abendessens in einem preiswerten Restaurant, zu dem mich vielleicht der eine oder andere sowieso einladen müsste, wenn mich Klehr plattklagt und ich dann auf der Strasse weiterbloggen muss. Man könnte einen 20er auch als Shareware-Honorar für meine über 1.000 Blogposts sehen, die offenbar viele Leser wenigstens unterhaltsam finden. Jedenfalls aber kann man 20,- € als Einsatz für einen Prozess, der wohl nicht ganz unwichtig ist, durchaus verschmerzen. Jeder 20er, der eingeht, ist auch ein Signal in Richtung Hamburg, dass diese unsägliche, das Grundgesetz verhöhnende Gängelei nicht „im Namen des Volkes“ geschieht.“
Crowdfunding spielt dahingehend eine Rolle, in dem die Aktion Klehranlage in Medienberichten immer wieder als Crowdfunding bezeichnet wurde und wird. Auf DRadio Wissen gibt es einen Bericht mit der Überschrift „Mit Crowdfunding bis nach Karlsruhe„. Der gleiche Bericht, in dem es auch heißt: „Markus Kompa wählt deshalb eine in dieser Größenordnung noch nicht da gewesene Methode: Er will seinen Prozess „crowdfunden“. Die Netzcommunity zahlt den Gang vors Gericht gemeinsam.“ wurde auch im Rahmen der Sendung Corso auf Deutschlandfunk gesendet, hier aber unter der Überschrift „Ein Blogger mit Rückendeckung“.
Auch ein Interview mit Markus Kampa und den ihn vor Gericht vertrentenden Anwalt Thomas Stadler auf dem Blog Carta beginnt mit den Worten:
„Ende Mai hat die Aktion Klehranlage im Netz die Runde gemacht. Binnen zweier Tage kamen durch Crowdfunding die Mittel zusammen, um den teuren Klageweg bis zum Bundesverfassungsgericht finanziell zu sichern […]“
Auf die unscharfe Abgrenzung zwischen Crowdfunding und spendenbasierter Unterstützung will ich in dem Fall gar nicht eingehen. Spannend finde ich, dass der Fall nicht das unternehmerische Potential von Crowdfunding in den Vordergrund rückt, sondern das der gesellschaftlichen Mitbestimmung.
Weitere Beispiele folgen. Auch heute liest man wieder von einem Fall, in dem die Crowd vor Gericht zieht. Auf heise.de wird unter der Überschrift „Crowdfunding gegen die VG Wort“ von einer Initiative berichtet, in der man gegen das Einfrieren von Ausschüttungen an Autoren zur Wehr setzen möchte. Auf Hyperland berichtet Frederik Fischer davon, dass in Spanien der ehemalige Wirtschaftsminister von einer Protestbewegung angeklagt wurde, die nötigen 15.000 Euro wurden innerhalb von 24 Stunden über eine Crowdfunding-Plattform gesammelt.