Bietet Crowdfunding für den Journalismus Antworten? Aktuell wird das immer wieder diskutiert. Ich finde die Frage auch interessant, nicht zuletzt auch aus einem gewissen Eigennutz heraus, da ich derzeit überlege dieses Blog Kultur2Punkt0 zu professionalisieren.
Das Problem bei der Verwertung von journalistischer Arbeit liegt meiner Meinung nach in ihrer Virtualität. Den Fotojournalismus sowie die Erstellung von Video- und Tondokumentationen außen vor gelassen, besteht die eigentliche Arbeit im Filtern, in der Recherche, dem Erkennen von Zusammenhängen und dem Aufarbeiten von informellen Einzelteilen, hin zu einer aussagekräftigen Informationseinheit, der man diese vorgelagerten Leistungen nicht mehr ansieht. Der kreative Part im Journalismus wird zwar mit diversen technischen Hilfsmitteln wie technische Filter (Bookmarks, Websites, Algorithmen) unterstützt, ist aber im Werk, der Infomation, im wesentlichen unsichtbar.
Das ist auch nicht erst seit der Digitalisierung so. Dieser kreative Part passierte schon immer im Kopf. Das Benutzen einer Schreibfeder oder heute das Drücken der Tasten auf der Tastatur bis hin zum Drucken einer Zeitung, eines Buches oder das Abbilden des Ergebnisses auf Internetseiten würde ich schlicht als Management beschreiben. Natürlich meine ich damit nicht, dass sich eine Zeitungsseite von allein setzt oder ein Webseiten-Layout ohne Kreativität gestaltet, sondern die rein mechanischen Abläufe, die einmal erdacht und immer wieder anwendbar sind. Ich spreche hier konkret von der Unterscheidung zwischen dem Schöpferischen Akt, der Entstehung der Information und dem Trägermedium, dem Transportmittel der Information.
Wichtig ist die Trennung, um zu erkennen, dass die alten Finanzierungsmodelle von Journalismus, basierend auf Werbung und Vertrieb, noch nie so richtig Bezug auf den ersten Teil, dem schöpferischen Akt, genommen hatten. Im Fall der Tageszeitung war und ist in erster Linie das Papier, auf dem die Information gedruckt stand und steht, ausschlaggebend. Bezahlt wurde dafür, dass eine Information transportiert wurde. Werbung ist quasi ein Anhängsel an diesen Transport-Prozess. Die Digitalisierung hat zwar auch die Möglichkeiten der Recherche und der Filterung verändert, das aber zum Positiven. Schwerwiegend negative Auswirkungen für die Finanzierungsmodelle entstanden durch die neuen Möglichkeiten des Transports. Internet. Das wesentlichste Moment in der Nachfrage, die Verknappung, hat bis auf ein paar Punkte wie die Energie- und Serverkosten oder den Leitungsquerschnitt quasi in Luft aufgelöst.
Wirklich neue Finanzierungsmodelle im Journalismus sollten also nicht weiterhin an dem zweiten Punkt, dem Transport, ansetzen, sondern beim ersten. Der schöpferische Akt ist im Prinzip nur dadurch begrenzt, dass man Ideen und Informationen nicht essen kann. Es muss jemanden geben, der in diesen Ideen und Informationen einen Wert erkennt und das Teilen dieser wertschätzt. Das erinnert stark an Flattr und Kachingle. Interessant ist dabei dabei eine Aussage von Tim Pritlove, die ich noch Ohr habe, jetzt aber nicht verlinken kann. Tim meinte, dass es bei Flattr nicht nur darum geht, das Endprodukt wertzuschätzen, sondern auch den Kreativen das Weitermachen ermöglicht. Unterstützt wird dies durch die Flattr Subscriptions, bei denen man festlegen kann, dass man z.B. ein Blog 3, 6 oder 12 Monate automatisch beflattrn kann.
An diesem Punkt sind wir schon sehr nahe beim Crowdfunding angekommen. Stelle ich ein Projekt auf eine Crowdfunding-Plattform, geht es im finanziellen Bereich (vgl. Rollenmodelle im Crowdfunding) darum die finanzielle Grundlage zu schaffen, damit ich überhaupt mit dem Projekt beginnen kann. Kann ich nun in einem Crowdfunding-Projekt im Bereich Journalismus nicht Güter einer natürlichen oder technischen Limitierung (z.B. gedrucktes Buch, exklusiver Zugriff auf die in der Community berüchtigten Outtakes des Podcasts) einsetzen, kann ich für das virtuelle Werk beim Gegenüber auch „nur“ damit arbeiten, dass es für ihn einen virtuellen Wert haben.
Ich arbeite also mit der Wertschätzung, die mir als Autor entgegen gebracht wird. Natürlich beißt sich an dieser Stelle die Katze selbst in den Schwanz. Wie soll man so eine Beziehung aufbauen ohne vorher schon zu beginnen? Belässt man es bei diesem Zweier-Zusammenspiel zwischen dem Autor und demjenigen, der dessen Leistung mit Wertschätzung honoriert, wird der Autor zwangsläufig nicht umher kommen, in Größenordnungen in Vorleistung zu gehen.
Von größeren materiellen Dingen als Dankeschön würde ich absehen, da diese auch wieder Zeit- und vor allem auch Geldaufwand bedeutet- Letztlich wird damit das Unterstützer-Volumen auch aufgebläht und am Ende das eigentliche Werk sogar noch abgewertet. Eine Herausforderung besteht dabei auch darin, dass alle Puzzle-Teile ein Gesamtbild, eine gemeinsame Story (vlg. Storytelling, die verbindende Kraft) ergeben müssen. Für Tim Pritlove haben sich HörerInnen-Treffen als starkes Instrument erwiesen, was auch als exklusive Dankeschöns für Crowdfunding-Projekte denkbar wäre. Welchen Gegenwert würdet ihr anbieten?
Artikel dazu auf anderen Seiten:
Crowdfunding im Journalismus- Erfolgsmodell oder Notlösung?
Crowdfunding im Journalismus – Potenziale und Perspektiven für Deutschland