Spätestens seit dem Aufkommen der Social Networks träumen Unternehmen vom viralen Effekt im Netz. Wie ein Virus sollen sich Marken-Botschaften verteilen, gern spricht man auch vom Schneeball-Effekt. Was anfangs noch ein Zufallsprodukt vieler Eventualitäten zu seien schien, wurde daraufhin in den Leistungskatalog vieler Agenturen mit aufgenommen. Das Ziel war und ist, mit möglichst unkonventionellen Mitteln und kleinen Budgets maximale Sichtbarkeit zu erzeugen. Bereits Mitte der 1980-er Jahre wurde der Begriff Guerilla-Marketing beprägt, was sich ebenfalls dem Viralen Effekt bedient. Viralität hat also wieder nicht in erste Linie etwas mit dem Internet zu tun, funktioniert aber in Kombination mit diesem besonders gut.
Der Shitstorm wird das nächste Level! Zwar geht es momentan noch darum, herauszufinden, welche Maßnahmen in welcher Situation getroffen werden müssen, damit der Kahn nicht doch zu sehr ins Wanken gerät oder sich an unter der Oberfläche befindlichen Eisbergen den Rumpf aufbricht, aber das ist nur ein kleines Vorspiel. Eine gerade erst veröffentlichte Shitstorm-Skala spricht hier deutliche Worte. Natürlich heißt es jetzt, dass es erst einmal darum geht, einen Shitstorm zu erkennen, damit man als Unternehmen im Zweifelsfalle diesen nicht noch unterstützt und durch falsche Handlungen erst recht dem Unternehmen zu schaden. Aber wie das nun mal so ist: Echte Kerle lieben die hohe See! Deutlich wird das in der Shitstorm-Skala 0 bis 2, wo „keine kritische Rückmeldung“ oder auch „Wiederhohlte Kritik von Einzelpersonen“ einfach mal „keinen Meidenberichten“ gegenüberstehen. Erst in der vorletzten Stufe, dem „Sturm“ auf „hoher See“ gelingt es, die Aufmerksamkeit der „klassischen Medien (Print, Radio, TV) über „ausführliche Blog-Beiträge und Follow-Up-Artikel in Online-Medien zu erlangen. Will man „Top-Thema in Online-Medien sein und intensive Berichterstattung in allen Medien“ haben, braucht man aber schon den Orkan, die höchste Stufe in der Skala.
Natürlich kann man das aktuell große Interesse am Shitstorm auch mit dem Wunsch der Analyse und Prävention erklären. Genau so wird es ja gemacht. Es gibt aber auch bereits weitergehende Überlegungen und Beschreibungen, wie ein Shitstorm geplant und durchgeführt werden kann.
Zusammenfassung und Einschätzung
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2. Erfolgreich in sozialen Medien ist nur, wer etwas zu sagen hat: „content is king“. Unsere Umfrage und ihre schnelle und große Verbreitung im Netz war ein Beispiel für einen guten Inhalt. Und letztlich wird immer nur der gefunden, der die besseren Geschichten zu erzählen hat.
„Content is King“ ist einer der meist bemühten Sätze im Bezug zur Aufmerksamkeitsökonomie. Und weil das alle irgendwie wissen, spielen das Spiel wirklich viele immer wieder mit. In der Hoffnung ein möglichst großes Stück von der „Sau“ abzubekommen, die gerade wieder durchs Dorf getrieben wird. Die langfristige Ermüdung, die damit einhergeht, nimmt man billigend in Kauf. Alternative Konzepte, etwa die Konzentration auf die Nische oder auch die Marktgestaltung über Memetik, kosten eben Zeit, die keiner zu haben scheint. Im Endeffekt muss man sagen, dass das, was immer wieder in Bezug auf den Umgang mit Kunden (im Netz) propagiert wird, das Ernstnehmen und das Zugehen auf den Kunden, der offene und ehrliche Dialog doch noch eher selten ist und Bevormundung und Manipulation die Tagesordnung darstellen.