Wolfgang Gumpelmaier hat die Frage gestellt, woran Crowdfunding-Projekte scheitern. Zugegeben, die Fragestellung klingt falsch herum gestellt. Anfangs dachte ich auch, dass man mit einer Positivliste schneller ans Ziel kommt. Mittlerweile finde ich aber diese Herangehensweise gar nicht so verkehrt. Das Problem einer Positivliste, also die Antworten auf die Frage, was ich beachten sollte, ist die unmittelbare aber eigentlich nicht gewollte Einschränkung auf Antworten. In dem Augenblick, wo ich ein „Regelwerk für das Gelingen“ aufstelle, verleitet dies natürlich dazu sich an diesen Aussagen zu orientieren. Logisch. Die eigentliche Orientierung aber sind nicht Antworten auf Problem- oder Fragestellungen eines anderen Projektes, sondern immer Antworten, die konkret das Projekt betreffen, auf welches ich diese anwenden möchte. Gute Regelwerke geben nicht einfach nur eine Vielzahl von Antworten vor, sondern helfen dabei die richtigen Fragen zu stellen.
In der Crowdfunding-Facebook-Gruppe haben wir das auch disktutiert. Christian Henner-Fehr brachte dabei ein Beispiel, das sehr gut passt:
„Angenommen, Du hast eine geniale Idee, die alle begeistert aufnehmen, die davon hören oder lesen. Dann musst Du vorab kein Netzwerk haben, es bildet sich rund um Dein Projekt. Du musst dem Ganzen nur etwas Zeit geben. Auf der anderen Seite ist eine Community keine Garantie, dass die Kampagne erfolgreich sein wird.“
Warum scheitern Crowdfunding-Projekte? Folgende sechs Punkte möchte ich als Anregung mitgeben:
- Was unterscheidet mich als Projektemacher oder Start-Up-Gründer von anderen?
Ideen können noch so gut sein, von allein setzen diese sich nicht in die Tat um! Die Schublade mit Projekten, die man später noch mal umsetzen möchte, kennt jeder. Ich bin da der letzte, der sich da ausnimmt. Ideen müssen reifen, dazu gehe ich zum Teil im nächsten Punkt noch ein. Die Schublade darf aber nicht zur Endablagestelle verkommen. Gegenüber dem Aufbewahren von Ideen gibt es auch viele gute Gründe Ideen einfach frei zu geben. Meiner Meinung nach muss ich mir für die Entscheidung, ob ich Ideen für mich behalte oder ob ich sie frei gebe, die Frage stellen, was mich von anderen unterscheidet. Was spricht dafür, dass gerade ich diese Idee verwirklichen kann? Die Antwort muss nicht meine Superheldenkräfte zutage führen, sondern einfach nur meine Kompetenzen und Ressourcen hinterfragen. Tritt zusätzlich eine Konkurrenzsituation auf, ist es notwendig die Frage noch zu erweitern: Was unterscheidet mich von anderen? Was zeichnet mich gegenüber anderen aus? Welche Ressourcen kann ich für das Projekt einbringen, die andere nicht haben? - Ist meine Idee überhaupt ein Projekt?
(Inspiriert vom Artikel „Was ist ein Projekt und wozu wir Projekte eigentlich brauchen …“)
Über Crowdfunding lassen sich sehr wohl Projekte finanzieren, eine dahinter stehende Organisationsstruktur über ein einziges Projekt mit zu finanzieren, ist allerdings nicht leicht, für viele Bereich sogar eher unmöglich. An dieser Problematik ergibt sich allgemein betrachtet ein wesentlicher Sinn der Crowdinvestment-Plattformen. Wichtig ist für die Fragestellung ist, dass ich mir selbst klar mache, welche Punkte meiner Idee eher zur Organisationsstruktur und welche tatsächlich zum Projekt gehören. - Kenne ich meine Zielgruppen?
Weiß ich mit wem ich reden möchte? Weiß ich, was mich oder die Idee mit den potentiellen Unterstützern verbindet? Egal über welche Mittel ich mich in der Kommunikation entscheide, die Grundlage sollte immer sein, dass ich mir vorher klar mache mit wem ich in einen Dialog kommen möchte und wen ich davon informieren oder überzeugen möchte, mich und mein Projekt zu unterstützen. - Läßt sich meine Idee leicht weitererzählen?
Ich bin davon überzeugt, dass nicht nur hinter jeder guten Idee eine gute Geschichte steckt, sondern Storytelling an sich bereits als Qualitätsmerkmal taugt. Nur wenn es mir gelingt meine Idee in eine gute Geschichte zu verpacken, werden andere diese Geschichte wieder aufgreifen und weitererzählen. Das „leichte“ Weitererzählen lässt sich dabei festmachen an Kriterien der inhaltlichen Technik (Spannungsbogen, etc.) und der medialen Technik (Sharing-Buttons etc.). - Ist meine Idee überhaupt neu?
Im Musikbereich lässt sich das sehr gut beobachten. Die Herausforderung für Musiker ist es, inhaltlich nicht auf die CD-Produktion zu fokusieren, weil diese Geschichte an sich, das Finanzieren einer CD über Crowdfunding, alles andere als neu ist. Der Spannungsbogen selbst muss auf einen Aspekt aufbauen, der individuell ist. Unkopierbar und damit super individuell ist immer der Mensch, der dahinter steht. Schön zu sehen ist das bei Sören Vogelsang (ehemals Der Barde Ranarion) der sich selbst in den Mittelpunkt der Geschichte gestellt hat. startnext.de/ranarion - Bin ich bereit mit Kritik zu arbeiten?
Ein Crowdfunding-Projekt ist meiner Meinung nach ein Projekt im Team. Eine starke Crowdfunding-Plattform mit diversen Kontrollen und dem System des Treuhänderkontos reicht nicht, um den Vertrauensvorschuß, den ich meinen Unterstütztern abverlange, zu rechtfertigen. Crowdfunding ist ein Miteinander auf Augenhöhe. Dass das nicht ohne kritische Fragen auskommt, sollte jedem klar sein. Ist man von seiner Idee überzeugt, sollte man im Zweifelsfall auch für sie einstehen. Auch wenn genau das dann heißt, von der eigenen Position abzurücken. Für weitere Informationen zu diesem Thema verweise ich auf den Artikel „Streitkultur“ von Marcus Raiter.