Immer mehr Polizeidirektionen sind auch auf Facebook und Twitter mit offiziellen Accounts vertreten. Sie informieren beispielsweise bei Großveranstaltungen und nutzen die Kanäle für Aufklärungsarbeit und Nachwuchsgewinnung. Vor allem auf Twitter wird die virtuelle Präsenz über Hashtag-betriebene Kampagnen auch überregional sichtbar. Ein aktuelles Beispiel ist #keinbruch (Webseite: k-einbruch.de), bei dem die Polizei dafür sensibilisieren möchte, selbst Vorsorgen gegen Einbuch zu tragen.
Auf netzpolitik.org ist dokumentiert, dass der mittlerweile sehr professionellen Social-Media-Arbeit mindestens 2012 eine Projektgruppe „Soziale Netzwerke“ zur Erarbeitung von Strategien und der Klärung von Rechtsfragen vorherging. Beinahe alle Polizeibehörden der Bundesländer und des Bundesinnenministerium haben sich laut Abgeordnetenhaus Berlin an dieser Projektgruppe beteiligt. Eine weitere „Projektgruppe Neue Medien“ in Berlin und eine Forschungsprojekt SCARSOME („Serious Crime And the Role of SOcial Media“) der Polizeihochschule wird ebenfalls beschrieben. Bei letzteren ging es unter anderem auch um die Prüfung von Öffentlichkeitsfahndungen und Ermittlungsarbeit in den Sozialen Netzwerken.
Über Twitterlisten sind bisher mindestens 56 Polizeidirektionen auf Twitter aufzufinden, die meisten unter diesen Accounts haben auch ein sogenanntes blaues Häkchen am Profilnamen, worüber die Echtheit des jeweiligen Accounts über die Plattform zertifiziert werden soll. Die genaue Umsetzung ist von Bundesland zu Bundesland sicherlich unterschiedlich, insgesamt ist zu erwarten, dass die Zahl der Accounts aber noch zunimmt. So meldete letzte Wochen die Mitteldeutsche Zeitung, dass nun mit Halle alle Polizeidirektionen in Sachsen-Anhalt vertreten seien.
Insgesamt geht die Erörterung der Social-Media-Nutzung und vor allem der damit entstehenden rechtlichen Fragen noch weiter. Auf Metrolaut wurde die Twitter-Nutzung der Polizei Frankfurt während Protesten im März dokumentiert, bewertet diese Form von Öffentlichkeitsarbeit der Polizei als repressiv und schlußfolgert auch:
Für (linke) Proteste ist diese ausgeklügelte Polizei-Kommunikation eine neue Erfahrung. Vorbei die Zeiten, in denen die Polizei in gestelztem Beamtendeutsch ihre Pressemitteilungen am Folgetag twitterte. Vorbei die Zeiten, in denen Twitter einen Vorteil brachte. Der kommunikatorische Vorsprung ist weg. Der Lack ist ab. Twitter wird von der Gegenseite genauso schnell, virtuos und intelligent genutzt.
Aber auch ein Rechtswissenschaftler der Universität Frankfurt stuft einige der Tweets der Polizei Frankfurt als verfassungswidrig ein.
Doch Felix Hanschmann hält nicht nur Tweets für verfassungswidrig, die ohne Rechtsgrundlage in das Persönlichkeitsrecht von Demonstranten eingreifen. Sondern auch solche, die Teilnehmer einer Demonstration so sehr abschrecken, dass diese ihr Recht auf Versammlungsfreiheit nach Artikel 8 des Grundgesetzes nicht mehr wahrnehmen können. Die Polizei Frankfurt twitterte am Morgen des 18. März zum Beispiel Bilder von Krähenfüßen und von einer Kette, die über eine Kreuzung gespannt wurde. Beide Male verwendeten sie das Hashtag #18M – ohne einen Beweis, dass die Funde auch wirklich im Zusammenhang mit den Protesten stehen. „Wenn die Polizei schon Straftaten einer Demonstration zuordnet, die noch gar nicht begonnen hat, gehen einige vielleicht gar nicht hin“, sagt Hanschmann.
Auf Ministerienebene hielt man auf Anfrage wenig von den Vorwürfen und erklärte das Vorgehen als „schlichtes Verwaltungshandeln“.