(Screeenshot deepart.io)
Je mehr man sich mit dem Thema der Künstlichen Intelligenz (KI) befasst, desto stärker baut sich dabei eine Relevanz zum gesamten Bereich der Kunst und Kultur auf. Wir sehen heute schon errechnete Bilder, die von Mensch gemalt sein könnten. Dabei wird das „Malen“ von Bildern mittels künstlicher Intelligenz noch lange nicht mit so großem Eifer voran getrieben wie das Spielen des chinesischen Brettspiels Go. Eine Software namens AlphaGo sorgt für Unruhe innerhalb der Go-Community – man könnte auch von einer Demütigung sprechen – indem dieser lernende Algorithmus nicht nur gegen die Go-Meister siegt, sondern das auch noch dadurch schafft, indem er Spielzüge spielt, die für einen menschlichen Spieler zunächst überhaupt nicht sinnvoll erscheinen. Es ist absehbar, dass wir in Zukunft Bilder und Musik erleben werden, die nicht nur, wie aktuell noch, neue Werke im Stile von schon vorhandenem von Computern erstellt wurden, sondern tatsächlich etwas Neues darstellen werden. KI-Forscher arbeiten an Maschinen, die schlauer sind als Menschen und es spricht wenig wirklich handfestes dagegen, dass sie auch bessere Künstler sein könnten.
Sowohl Kultur wie auch künstliche Intelligenz arbeiten mit Big Data
Den Begriff der Künstlichen Intelligenz gibt es schon seit 1956. Nachdem man anfangs immer wieder in Sackgassen bei der Forschung nach KI lief, bekam die Idee mit Einsatz von neuronalen Netzwerken seit den 1980ern viel Aufwind. Seit einigen Jahren investieren vor allem auch Unternehmen wie Google und Facebook in dieses Forschungsgebiet und zwar aus gutem Grund. Die neuronalen Netzwerke sind dem menschlichen Gehirn nachempfunden und verhalten sich auch so. Die Intelligenz wird diesen Systemen nicht einprogrammiert, sondern sie erlernen sie selbst. Seit ein paar Jahren sind Computer schnell genug, um richtig viele Daten richtig schnell zu verarbeiten, was natürlich für Datensammler wie Google und Facebook interessant wird, weil genau diese sich natürlich fragen, was sie mit ihrem Datenschatz eigentlich noch anfangen können.
Letztlich hängt also der Begriff der Künstlichen Intelligenz mit einem anderen Buzzword direkt zusammen, von dem sich der Laie auch nicht so recht vorstellen kann, was uns da noch erwartet, nämlich mit Big Data. Interessant an Big Data ist, dass die Daten selbst streng genommen nichts sind, was neu erschaffen wird. Neu ist im Grunde nur die Übersetzung ins Digitale. Daten sind maschinenlesbare Informationen und diese Informationen umgeben uns auch jetzt schon, wenngleich uns dieser Umstand alles andere als bewußt ist. Was aber auch nicht heißt, dass sie keine Einfluss auf uns Menschen und unser Zusammenleben hätten. Das Gegenteil ist der Fall. Das, was wir Kultur nennen, ist nichts anderes als eine Auslegung, also eine Interpretation aller Informationen, die uns umgeben.
Eine Software mit Künstlischer Intelligenz arbeitet also auf der gleichen Datenbasis wie ein Bildender Künstler oder ein Komponist. Mit dem Unterschied, dass ein Computer sehr viel schneller lernt und sehr viel schneller Ergebnisse schafft. Alles was schon einmal da gewesen ist und wo in dem Sinne nur ein bekannter Stil in einer Kombination angewendet wird, bekomme ich heute schon in 15 Minuten ausgerechnet.
Künstliche Intelligenz errechnet neue Bilder
Ein Startup aus Tübingen bietet das heute schon unter der Adresse deepart.io gegen eine Paypal-Zahlung von 1,99€ als Dienstleistung an. (Für größere Formate bezahlt man einiges mehr.) Dass die 15 Minuten nur künstlich gesetzt sind und das Rechnen selbst sehr viel schneller geht, halte ich dabei für wahrscheinlich. Was in meinem Fall hier rausgekommen ist, sieht zwar in dem Sinne nicht schön aus, sondern eher aus, als hätte ich beim Fahrradfahren einen Baum geküsst, aber darum geht es gar nicht, die richtigen Filter und das richtige Foto als Grundlage findet sich schon noch. Wichtiger ist dabei etwas anderes: Die Produktionskosten für dieses Bild waren verschwindend gering und selbst mit den 1,99€, die ich gezahlt habe, wurde bereits ein Gewinn erzielt.
Jede Wette, wenn ich dieses Bild großformatig als Druck auf schwerem Papier in hoher Auflösung in meine Wohnung hänge, wird man mich darauf ansprechen. Vielleicht gerade _wegen_ der blauen Flecken und der scheinbar geschwollenen Lippe.
Ob ein errechnetes Bild dann auch Kunst genannt werden darf oder nicht, ist zwar eine berechtigte Frage, aber nachrangig. So wie es heute auch bei allen anderen Bildern ist. Denn es spielt rein faktisch das Geld eine Rolle und das muss noch nicht einmal etwas damit zu tun haben, ob etwas wertvoll ist oder nicht. Denn Künstler, die kein Geld verdienen, finanzieren ihren Lebensunterhalt anders oder sind nur kurze Zeit Künstler gewesen. Eine Statistik der Künstlersozialkasse über das Einkommen ihrer Mitglieder spricht jedenfalls Bände.
Mit etwas Glück, wird sich der Mensch als Künstler noch eine ganze Weile in den Nischen verdingen können. Wer Kunst kauft, legt auch Wert auf den Künstler, also den Menschen und das Mensch-sein. Für Käufer von Ikea-Bildern wird Künstliche Intelligenz allerdings ein sehr viel besseres Produkt anbieten. Denn warum sollte ich mir ein schönes Bild bei Ikea kaufen, wenn ich auch ein Bild haben kann, das ich selbst fotografiert habe und mit Hilfe der Künstlischen Intelligenz zu einem persönlichen Kunstwerk bringen kann?
Nachtrag:
Hörenswert: Linus Neumann bei Logbuch: Netzpolitik über Künstliche Intelligenz