Manchmal sieht man ja den Wald vor lauter Bäumen nicht. Vor einem Jahr organisierte ich gemeinsam mit der Projekteschmiede, dem Kulturbüro Dresden und der stARTconference Duisburg, sowie den beiden Sponsoren (Das Kulturmanagement Blog & Frank Tentler) das erste stARTcamp Dresden. Weitere stARTcamps in Dresden soll es geben, allerdings erst im zweiten Halbjahr. Der stARTkosmos schläft aber nicht, weitere stARTevents stehen schon an. Im April findet ein stARTcamp in München, am 14.15. Juni die stARTconference 2012 statt, diese also ist auf das erste Halbjahr vorgerutscht, und das stARTcamp in Köln ist auch bereits für September angekündigt.
Die Idee der stARTcamps ist eine Mischung aus Form und Inhalt. Zum einen ist klar, inhaltlich geht es um das Zusammenspiel von Kunst, Kultur und Social Media für Fragen aus Bereichen wie Kulturmarketing, Finanzierung oder Vermittlung. Das andere ist die Form des Barcamps. Ein Barcamp ist eine Veranstaltungsform, die aus einem Mangel an Vorausplanung eine Tugend macht. Anders als bei einer Konferenz wird Programm eines Barcamps nicht im Vorfeld festgelegt und es werden auch keine Referenten eingeladen. Die Themen, die Vorträge, Workshos, zusammengefaßt Sessions genannt, werden erst am Veranstaltungstag von anwesenden Teilnehmern festgelegt indem jeder dazu aufgefordert ist selbst eine Session vorzuschlagen.
Das Barcamp stellt damit das bisherige Konzept der Konferenz auf den Kopf, wird daher auch gern Unkonferenz genannt und man kann durchaus auch von einem Wandel in der Konferenzkultur sprechen. Nicht ohne eine Menge interessanter Folgen. In Gesprächen habe ich es schon gehört und in Blogs liest man es ab und an auch, wer einmal auf einem Barcamp war geht nicht mehr gern auf einschläfernde Konferenzen. Bei Barcamps, wie dem Barcamp Ruhr oder auch dem Barcamp Hamburg sind die Teilnehmerplätze innerhalb weniger Minuten vergeben. Die Nachrückerliste ist noch einmal so lang.
Barcamps sind beliebt, bei Teilnehmern und durchaus auch sehr bei Sponsoren. Um es noch einmal mit Verweis auf die Worte von Fritz Straub, Geschäftsführer der Deutschen Werkstätten Hellerau zu sagen: Auf Barcamps treffen sich Menschen, die die Freiheit lieben und die Freiheit leben. Oder, um es noch einmal anders zu formulieren: Auf einem Barcamp hat jeder die Möglichkeit Ideen voranzutreiben, jeder einzelne steht im Mittelpunkt und keiner muss sich darauf verlassen, dass der Veranstalter und die Referenten die richtigen Themen auf die Tagesordnung setzen.
Mehr über Entstehung und „Regeln“ von Barcamps gibt es bei Franz Patzig im Blog. Eine Übersicht über Barcamps im ersten Halbjahr 2012 hatte schon ein einmal im Blog vom stARTcamp Dresden gepostet.
(foto: Martin Gratzer (events), lizenz: Creative Commons BY 2.0)
Das allein hilft aber offenbar nicht, um überall und in allen Themenbereichen Barcamps wachsen zu lassen. Wie bei jedem Wandel muss auch bei einem Wandel in der Konferenzkultur ein Umdenken erst einmal gelernt werden. Eine nicht unwesentliche Herausforderung für jeden einzelnen ist es, sich freiwillig aus der Deckung zu wagen. Wir sind es gewohnt, immer damit angeben zu müssen, was wir wissen und was wir können. Die Wirklichkeit sieht aber eher so aus, dass sich alles ständig ändert. Wir können gar nicht immer in allen Dingen up-to-date sein, auch dann nicht, wenn wir es eigentlich für unseren Beruf oder die familiären und persönlichen Aufgabe sein müßten. Auch wenn ich eine neue Idee habe, besteht die Möglichkeit, dass sie nichts taugt. Die Praxis aber zeigt, dass diese Gefahren gegenüber den Chancen zu vernachlässigen sind. Selbst wenn ich Kritik ernte, wird mir diese Kritik helfen die Idee zu verbessern. Um auf meine Forderung von vor zwei Tagen noch einmal einzugehen: Es lohnt sich, sich in den Wind zu stellen.
Da Lernen aber auch ein Prozess ist, hatten wir beim stARTcamp Dresden noch bewußt „Barcamp und Konferenz“ darunter gegeschrieben. Außerdem sind wir auch selbst im Vorfeld aktiv gewesen und haben Leute für Sessions gezielt ansprochen. Eine spontane Session, auch sehr interessante, ist trotzdem zustande gekommen. Insgesamt waren wir mit 70 Teilnehmern zufrieden, für die zweite Auflage muss aber mehr geschehen.
Seit einer ganze Weile bin daher auf der Suche nach weiteren Argumenten. Also ging ich auf das AutorenCamp, welches vergangenes Wochenende auf der Leipziger Buchmesse stattfand, um kurz den Werdegang und die Entstehung des stARTcamp Dresden zu erzählen und meine Frage in den Raum zu werfen? Warum sollte man als Teilnehmer oder Sponsor die Idee des Barcamps unterstützen? Was ist das beste Argument? Nebenbei, auch das Autorencamp hat mit ca. 60 – 70 Teilnehmern, an beiden Tagen zusammen, gezeigt, dass noch Pionierarbeit geleistet wird.
Die Antwort kam dann von Franz Patzig selbst und ich wie so oft sieht man halt den Wald vor lauter Bäumen nicht. Es ist ein wesentliches und prägendes Element eines Barcamps, dass es angenehm ist. Es macht einfach Spaß dabei zu sein und nur äußerst selten wird man auf einem Barcamp in negativen Streß geraten. Alle Elemente, wie der freie oder nur geringe Eintritt, das Miteinander auf Augenhöhe und die Freiheit auch jederzeit eine Session wieder verlassen zu können, bereiten diese einmalig gute Grundlage, um mit Lust und Laune Wissen zu teilen. Zu Teilen und offen zu sein für Neues. Für beide, für die Sponsoren wie auch für Teilnehmer ist daher alles möglich. Welche Erfahrung habt ihr auf Barcamps gemacht und welcheArgumente würde ihr ganz oben ansetzen?
Das klingt jetzt vielleicht banal, aber dieser Punkt ist gar nicht so klein. Zumindest ich teile mich lieber mit, wenn ich es auch angenehm empfinde. Voneinander lernen heißt eben meistens nicht nur gebannt zuzuhören. Leander Wattig hat auf dem AutorenCamp mehrmals gesagt: „Es gibt ja nicht das Buch, in dem wir die Zukunft lernen können!“ Wir müssen miteinander reden, um die Zukunft gemeinsam gestalten zu können.
Abschließend zwei Videos zur Frage „Was ist eigentlich ein Barcamp?“ und am Ende noch meine Sessionfolien der Session „stARTcamp Dresdem“ auf dem Autorencamp Leipzig. Vielen Dank an Franz Patzig und Leander Wattig für die Organisation des Barcamps und Dank auch an die Leipziger Buchmesse, Book on Demand und triboox für die Unterstützung als Sponsoren.