(Screenshot: Flurfunk Dresden)
Peter Stawowy, Betreiber vom Flurfunk Dresden und Inhaber von stawowy media, ist außerdem auch Dozent am Institut für Kommunikationswissenschaft der TU Dresden und unterrichtet dort im Rahmen von Seminaren über Journalismus. Immer wieder finden daher auch Blogbeiträge, die im Rahmen dieser Seminare von StudentInnen geschrieben wurden, auf den Seiten vom Flurfunk Dresden. So auch heute wieder: „Der menschenverachtende Schnapsburger“ – Möglichkeiten als Dresdener Bürgerjournalist
Darin berichten drei Autorinnen über einen Praxistest, in dem sie bei der Bild-Zeitung, der Sächsischen Zeitung und dem Dresden Fernsehen einen jeweils ähnlichen Service auf dessen Möglichkeiten prüfen. Konkret geht es um das Angebot selbst Fotos oder Hinweise der Redaktion zuzusenden und darüber auf mögliche Nachrichten und Neuigkeiten hinzuweisen. Kurzum, das Angebot der Bild-Zeitung wird als das beste herausgestellt, von einem Test, der einem journalistischem Maßstab genügt, ist das Bericht meiner Meinung nach weit entfernt. Viel mehr lassen die Autorinnen den Bild-Chefredakteur bezogen auf die Menge der Nutzer des Angebotes mit Sätzen wie “In Dresden sind das ziemlich viele, weil die Leser hier verstanden haben: ‘Die reden nicht nur, die drucken auch.’” zu Wort kommen. Jeder, der sich auch nur kurz mit der Frage beschäftigt hat, wie man eine Zielgruppe mit möglichst wenigen Worten um die Entscheidung einer moralischen Frage entlastet, weiß welche Wirkung so eine Satz erzielt.
fehlender Kontext
Anders als ich es von einem journalistischem Werk erwarten würde, bedient sich dieser Text auch an anderen Stellen den psychologischen Tricks der Werbung. Es macht z.B. schon einen gravierenden Unterschied, in welcher Reihenfolge ich etwas aufzähle. Schreibe ich beispielsweise, dass es für ein eingereichtes Fotos beim Abdruck im Regionalteil ein Honorar von 50 € gibt, außerdem die Chance auf 150 € bei Abdruck in mehreren Regionalteilen besteht und insgesamt 250 € gezahlt werden, sollte es bundesweit gedruckt werden, klingt das ganz anders als folgendes:
250 Euro verspricht sie ihren Lesereportern, wenn das Foto deutschlandweit gedruckt wird, 150 Euro gibt es für Mehrfachdrucke in Regionalzeitungen und 50 Euro für eine regionale Ausgabenerscheinung.
Journalistische Aufgabe wäre es meiner Meinung nach auch gewesen, an dieser Stelle den Kontext herzustellen und zu hinterefragen, wie oft insgesamt ein Foto eines Bürgers der Stadt eine bundesweite Relevanz und damit ein Chance auf die 250,- € überhaupt hat. Vor dem Hintergrund der Idee vom „Bürgerjournalismus“ sollte das jedenfalls nicht so oft passieren.
Unklare Kriterien
Die Kriterien, die an diesen Praxistest gelegt werden, bleiben leider auch im Dunkeln. Ist es das Honorar? Wenn ja, warum fragt man dann bei der Sächsischen Zeitung nicht mal ernsthafter nach? Beim Dresdner Fernsehen hat man dieses irgendwie auch vergessen. Sollte es der Service sein, steht die Frage, wie die Autorinnen an den O-Ton der beiden Bild-Zeitungsmitarbeiter gekommen ist.
Unklare Verhältnismäßigkeit
Der Anruf bei der Sächsichen Zeitung geschieht „interessehalber“, O-Ton von Dresdner Fernsehen gibt es zwar auch, die Bild-Zeitung aber wird nicht nur 18 mal namentlich genannt, sondern kommt auch gleich sechs mal über verschiedene Personen zu Wort.
Rechtsberatung?
Bei einer sehr wichtigen Frage, die den Datenschutz und das Recht am eigenen Bild betrifft, versagt die journalistische Grunddeckung auf ganzer Strecke. Es gibt einen Grund, warum man derartige Aussagen den Anwälten überläßt. Denn diese Aussage ist einfach nicht richtig. Bereits eine einfache Recherche hätte zumindest stutzig machen müssen.
Fazit:
Ich bin natürlich weit davon entfernt, den Autorinnen oder Peter Stawowy Vorwürfe zu machen, tatsächlich geht es mir um die Transparenz. Nicht verschweigen möchte ich, dass ich nicht mit einer neutralen Grundeinstellung gegenüber dem Springermedien und erst recht nicht gegenüber diesem beseelt bin. Was das Blatt angeht, versuche ich es eigentlich soweit wie es geht zu vermeiden überhaupt darüber zu berichten. Das hier ist in der Tat ein trauriger Höhepunkt, der aber hoffentlich auch meine Distanz klar zum Ausdruck bringt.
Ich möchte nicht kritisieren, dass andere über das Blatt oder daran angegliederte Dienstleistungen schreiben. Genau wie Richard Gutjahr bin ich davon überzeugt, dass es Objektivität nicht gibt, um so mehr aber Transparenz eine wichtige Rolle spielt. Werbung ist so lange OK, wie sie ehrlich ist. In der Praxis kehrt sich dieser Anspruch um. Ich nehme den journalistischen Inhalt nicht getrennt von der Werbung wahr. Der Anspruch an das Gesamte als Wertekatalog macht auch vor der beteiligten Werbung nicht halt. Als Journalist ist daher Transparenz wichtiger als Objektivität, denn das bildet die Grundlage für Vertrauen.