Diskussionspapier zum Urheberrecht in der digitalen Gesellschaft
Innerhalb der CDU/CSU-Bundestagsfraktion gibt es ein neues Diskussionspapier, mit dem man den Moderisierungsprozess des Urheberrechts vorantreiben möchte.
Das Internet ist das freiheitlichste und effizienteste Informations- und Kommunikationsmittel der Welt und prägt unsere Gesellschaft. Sowohl die Wahrung des geistigen Eigentums als auch die Freiheit der Kommunikation im Internet sind wichtig. Alle Beteiligten – Kreative, Nutzer und Provider – bewegen sich in einem Spannungsfeld, dessen Auswirkungen stärker und schneller sichtbar werden als früher. Das digitale Leben ist durch Freiheit und Verantwortung geprägt. Das muss allen gleichermaßen bewusst sein.
Insgesamt ist das über 15 Punkte ein recht interessanter Vorstoß aus den konservativen Reihen. In den Kommentaren und in Blogs wird das Papier überwiegend als Fortschritt und Schritt in die richtige Richtung gewertet. Besprochen wird es von Markus Beckedahl auf Netzpolitik und von anderen in vielen weiteren Blogs [2,3,4,5,6,7].
Ich persönlich schließe mich der Einschätzung von Markus Beckedahl an. An vielen Stellen hat das Papier einen äußerlich schönen Klang, im Konkreten fällt es aber schwer sich einen konkrete Reim auf die Aussagen zu machen. Wie sehr abhängig die Qualität der Aussagen aufgenommen werden kann, spiegeln nicht zuletzt auch in den unterschiedlichen Interpretationen der Blogs wider, die darauf eingehen.
GEMA Tarifreform
Auf giga.de findet man ein Interview mit der GEMA-Sprecherin Gaby Schilcher über die Tarifreform. Schade ist, dass meiner Meinung nach zu wenig nachgefragt wurde. Zum Beispiel weist Frau Schilcher auf die Frage nach dem Image der GEMA darauf hin, dass das Stigmatisieren „als Spielverderber“ leichter wäre und niemand sagen würde: „Toll, ihr sorgt dafür, dass 60.000 Urheber in Deutschland und im Ausland leben können!“. Würden sich diese 60.000 zu Wort melden und von sich behaupten, sie würden konkret von dem Geld leben, welches sie über die GEMA bekommen, würde das vielleicht anders aussehen. Das bisherige Zahlenmaterial lässt sich nur so interpretieren, dass gerade mal 10.000 Urheber in Deutschland davon leben können. Ich weiß in dem Satz steht auch „im Ausland“ drin, macht die Aussage aber auch nicht stichhaltiger.
Der Hinweis „In den Diskotheken wird aber eher die Musik der Stars gespielt, weniger von den Kleinen…“ des Giga-Redakteurs wird gekontert mit: „Manche haben Erfolg, andere nicht. So ist das im Leben. Aber das Thema ist hier völlig außen vor. […]“. Da frage ich mich ernsthaft, wie sich das mit dem Anspruch der GEMA deckt, eine Grundlage für kulturelle Vielfalt zu bilden. Naja, wahrscheinlich habe ich das auch nur falsch verstanden. Also, hört auf zu jammern und seid endlich erfolgreicher!
GEMA vs. ?
Das mit der Stigmatisierung ist aber auch so ein Ding. Immer wieder passiert etwas, was dieser ganz gewaltig zuspielt.
Ein Stigma ist eine unerwünschte Andersheit gegenüber dem, was wir erwartet hätten. (Wikipedia)
Wie vorgestern zuerst im Politgirl Blog und später u.a. auf Spiegel Online berichtet wurde, fanden Hausdurchsuchungen und Beschlagnahmungen bei Leuten statt, deren Internetanschlüsse im Zuge eines Angriffs auf die GEMA-Webseite ermittelt wurden. Das Problem ist, dass der Angriff darin bestand, dass sehr viele Anfragen auf die GEMA-Webseite gleichzeitig stattfanden, was ich mehr als Phänomen des kulturellen Wandels beschreiben würde, lange aber nicht als hochkriminelle oder gar von den betroffenen Durchsuchten geplante Aktion. Auf der Webseite der Wirtschaftswoche werden die zwei Arten einer sogenannten DDOS-Attacke erklärt. Beschrieben wird dort, dass auch die ermittelnde Staatsanwaltschaft nicht von einem großen Ausmaß an krimineller Energie ausgeht, sondern selbst von Mitläufern spricht.
So wie es bei der Wirtschaftswoche beschrieben steht, erinnert das an eine brisante Mischung aus kulturellem Konflikt und Gamification:
Alles, was ein Internetnutzer tun musste, um zum Mitläufer zu werden, war einen Button mit der Aufschrift „Fire!“ zu drücken. Dann wurde ein Skript ausgeführt, dass die sinnlosen Anfragen an den Gema-Server stellte – das Ziel war bereits voreingestellt.
[…]
Die Gema ist unter vielen jugendlichen Internet-Nutzern zum Feindbild geworden, weil sich die Verwertungsgesellschaft mit Google nicht über Musikrechte bei Online-Videos einig werden kann. Deshalb blendet Google seit längerem einen Hinweis ein, dass viele Videos auf dem Videoportal Youtube nicht angezeigt werden können, weil die „Gema die erforderlichen Rechte nicht eingeräumt“ habe. Wer auch immer im Detail Schuld an der Video-Blockade in Deutschland ist – Google schürt so in den Augen vieler Nutzer den Hass auf die Verwaltungsgesellschaft, gerade bei Jugendlichen, die gerne Musikvideos schauen.
Im Ergebnis schürt dies alles wieder ganz viel Unsicherheit bei der Internetnutzung. Ja … und die GEMA, sie sitzt nun mit in dem Boot, von welchem aus man Durchsuchungen als Mittel der Erziehung, quasi als „heilsame Schockwirkung“, bei Jugendlichen durchführt. Liebe GEMA, wir befinden uns in einem Dialog in dem es wichtiger wäre an einer Vertrauensbasis zu arbeiten. Im Sinne der Urheber kann das nicht sein.
Derweil im öffentlichen Rundfunk
Philipp Stade hat in seinem Blog ein Video gepostet, für welches sich der Bayerische Rundfunk schämen sollte. Nicht nur, dass sich der darin berichtende Moderator irgendwie über Klassische Musik lustig zu machen scheint, wird dort schlichtweg Falsches behauptet. Im Internet sei „im Prinzip nur legal, was Geld kostet.“ und „die Tatsache, dass es kostenlos ist, ist bereits ein illegaler Vorgang.“. Sicherlich war das vom BR nicht so gemeint, wie es sich anhört. Eine Richtigstellung und eine Entschuldigung bei allen, die ihre Geschäftsmodelle auf der Basis des freien und kostenlosen Zugangs von Musik gestalten, ist sicherlich kein Ding oder?