Facebook und Co sind als Konstrukt eines Soziales Netzwerkes immer noch zu schwach (und es ist gut so). Es gibt im Alltag so viele Sachen, die ich bewusst nicht auf Facebook, Twitter oder die ganzen anderen Social Networx teile und das sind alles Dinge, die ich sehr wohl und gern teilen möchte. Nie generell, sondern immer situationsbedingt.
Ich finde eine Beschreibung, die _das_ erweitert, wie wir Informationen über unser Umfeld und die ganze Welt bekommen, noch am treffendsten. Das ist aber nur ein Teil der Beschreibung unseres gesamten sozialen Zusammenlebens. Wenn wir uns gegenüberstehen und uns zufällig treffen (auf Facebook trifft man sich auch eher zufällig) sehen wir eigentlich sofort, wie es dem Gegenüber so geht. Grob jedenfalls.
Es ist mehr als das gesprochene Wort. Es ist die Wärme der Hand bei der Begrüßung. Es ist die körperliche Nähe. Das Abmessen von Position, Haltung und Form gemessen an uns selbst. Wir selbst sind für unser Auge überhaupt nicht sichtbar, wenn wir auf Smartphones oder andere Monitore blicken. Wir sehen nur ein geschaffenes und definitiv verzerrtes Abbild.
Wir schmücken uns immer. Auch offline umgeben wir uns mit dem Schick anderer, stellen uns bewusst in Position und ahmen (unbewusst) Vorbilder nach. Trotzdem sind wir in unseren Wohnungen, auf Arbeit oder auf den Straßen keine wandelnden Standbilder. Das Abbild eines Menschen zu virtualisieren ist kein Selbstzweck sondern ergibt nur als Werkzeug einen Sinn.
Auf Facebook sind wir „die anderen“ und nicht alles, was uns ausmacht, ist dort abbildbar. Eventuell klingt das wie eine Selbstkritik, wie ein eigenes Erwachen. Ist es aber weniger. Virtuelle Welten werden uns bereits in den nächsten fünf Jahren noch viel stärker herausfordern, als sie es jetzt schon tun. Schwierig ist: um in diese virtuellen Welten bestmöglich eintauchen zu können, werden wir unsere sonstigen Wahrnehmungen künstlich herabsetzen. Volle Konzentration auf die _andere_ Welt und möglichst wenig Ablenkung. Fragen wir uns, gegen was wir in diese neue Welt eintauschen?
Dabei ist wichtig, nicht das Virtualisieren an sich ist etwas Neues oder gar Schlimmes. Um auch nur irgendwas zu verstehen, haben wir entweder die Möglichkeit es (mit Händen) zu begreifen oder uns in etwas oder jemanden hinein zu versetzen. Letzteres ist Virtualität! Wir bestehen eben nicht nur aus Fleisch und Blut, sondern zeichnen uns auch immer durch die Zugehörigkeit zu virtuellen Systemen aus. Regeln, Gesetze, kulturelle Codes – all das ist virtuell und so sehr mit uns verbunden, dass es uns wie „echt“ erscheint.
Virtuelle Welten sind für Menschen nichts neues, sondern Alltag. Und eben daran müssen oder können wir prüfen. Facebook und Co sind durchaus bereichernde Systeme, aber eben unmöglich Ersatz für eine Vielzahl bereits vorhandener. Es ergibt einen Sinn, als Figur in dieser Mischung aus Bühne und Zuschauerraum (gleichzeitig) eine Rolle zu spielen. Wir können lernen, erfahren und selbst bereichern. Ich möchte Facebook nicht schlecht reden. Im Gegenteil: Facebook ist eine gute Bühne und ich fühle mich wohl und es gehört zu mir, auch in dieser Version „ein anderer“ zu sein.