Da ich gestern hintereinander erst einen Artikel auf der Webseite der Sächsischen Zeitung und danach einen auf der Webseite der Leipziger Volkszeitung gelesen habe, ist mir eine gewisse Linkarmut aufgefallen. Da ich mir zudem im Laufe des Tages Teile vom „News Aktuell Media Coffee„-Videomitschnitt zu Gemüte geführt habe, kam mir das ein wenig merkwürdig vor. (Meedia bespricht diese Veranstaltung mit der Überschrift: „Die geballte Ratlosigkeit der Medien-Elite“)
Ich meine, wir befinden uns in einer Zeit in der wir nicht erst gestern festgestellt haben, dass das Printmedium einen echten Konkurrenten bekommen hat. Im Gegenzug zum Abwärtstrend der Totholzmedien wird eine „Onlinezeitung“ die 2005 mit einem Kapital von 1 Mio US$ startete im Februar 2011 für 315 Mio US$ weitergereicht und dann habe ich noch aus der Runde der Media-Coffee-Teilnehmer die Worte im Ohr, dass das Internet doch komplizierter sie sei als Anfangs gedacht.
Nun handelte es sich bei den Teilnehmern nicht um die Vertreter der sächsischen Tageszeitungen und der Zusammenzug dieser beiden Erlebnisse hinkt. Wenn ich mir das aber so anschaue, ist „Ratlosigkeit“ wahrscheinlich nicht völlig weit hergeholt. Ich nehme mir also das Media-Coffee-Statement mal stellvertretend zur Brust und untermale es mit ein paar Beobachtungen auf den Webseiten der sächsischen Tageszeitungen.
lvz-online.de
Beispiel: „Direktor der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden übernimmt Museum in London“ – Agenturmeldung, 430 Wörter, kein Link im Text, kein kontextbezogener Link anderweitig
Nach Ansicht der Webseite könnte mich auch interessieren: „FC Sachsen entlässt Dirk Heyne – Co-Trainer soll Mannschaft zum Derby führen“, „HTWK-Rektorin Lieckfeldt darf nach Krebserkrankung ihr Amt in Leipzig nicht antreten“ und „Wilde Verfolgungsjagd in Leipzig – 21-Jähriger überschlägt sich mit seinem Auto“. Die Suche nach den „Kunstsammlungen Dresden“ auf der Seite ergibt insgesamt 4 Artikel.
Eine direkte Suche über Schlagworte gibt es nicht. Auf anderen Artikelseiten findet man manchmal eine Box, die unter der Überschrift „Zum Thema“ ein bis drei kontextbezogene Links aufführt. Diese führen entweder zu eigenen Seiten, relativ oft auch auf Foto-Klickstrecken und manchmal auf andere Seiten. Insgesamt fällt auf, dass unter den Kultur-Artikeln sehr sehr viele Artikel von der dpa und Co übernommen werden und „eigene Berichterstattung“ im Bereich Kultur mit Seltenheit glänzt.
Im Bereich Film findet man fast immer einen Link zur Homepage des Filmes. Links auf kleine und mittelgroße Kulturveranstalter seitens der dpa würden wahrscheinlich auch zu technischen Problem führen, die Zielseiten sicherlich überlastet, wenn plötzlich von 5 bis 10 großen Nachrichtenseiten darauf verlinkt werden würde.
Für den Eventbereich gibt es eine extra Seite, genannt „Leipzig Live“. Dort findet man schon auch Links zu Bands, ansonsten aber nicht wirklich neues.
blog.lvz-online.de
Bei LVZ Online findet man auch mehrere Blogs. Technisch betrachtet sind das Installationen auf Basis von WordPress, rein theoretisch ist dort auch ohne großen finanziellen Aufwand alles möglich. Links im Text und drumherum findet man, aber nicht bei allen der acht Blogautoren gleichermaßen. Daniel Große und Kristin Hansen benutzen auch Tags und Kategorisierung für die Artikel, Links in Form einer Blogroll gibt es teilweise auch. Der Blog mit Kulturbezug hat das alles leider nicht. Die Blogübersich ist auf den Hauptseiten direkt über die Hauptnavigation verlinkt. Sie laufen alle unter einer Subdomain „blog“, sind also deutlich als solche zu erkennen, sind aber dadurch auch etwas abgeschottet. Ob eine Verlinkung von den Hauptseiten auf die Blogbeiträge standard ist, weiß ich nicht, mindestens teilweise ist das aber der Fall.
sz-online.de
Beispiel: „Martin Roth wechselt nach London“ – Agenturmeldung, 284 Wörter, kein Link im Text, zwei Links in einer Box, einer davon hinter einer Bezahlschranke
„Vorschläge für weitere Artikel, die mich interessieren könnten“ gibt es nicht. Die Suche nach der Wortgruppe „Staatliche Kunstsammlungen Dresden“ ergibt immerhin 77 Treffer, eine Verschlagwortung über die man schnell auf diese Ergebnisse zugreifen könnte, ist nicht zu finden. Die Artikel in dem Bereich Kultur mit überregionalem Bezug befinden sich fast alle hinter einer Bezahlschranke, da kann ich also nicht nachschauen. Artikel über lokale Kulturereignisse sind frei zugänglich und haben fast alle einen Link zur besprochenen Kultureinrichtung, von der Semperoper bis zur kleineren Kunstaktion.
Blogs habe ich keine gefunden.
freiepresse.de
Beispiel: „Zwickau feiert drei Wochen lang Robert Schumann“ – Agenturmeldung, 170 Wörter, keine Links im Text, ein Link drumherum, den man als kontextbezogen nennen könnte
Direkt unter dem Artikel findet man sechs weitere Artikel aus dem Ressort Kultur. Zusätzlich gibt es „Das könnte sie auch interessieren“-Links. So wie ich das sehe, sind diese ebenfalls aus dem passenden Ressort. Die meisten Artikel sind Agenturmeldungen, konkret ist mir ein Artikel im Ressort Kultur untergekommen, der unter einem Autorennamen veröffentlicht wurde. Dort befand sich dann auch ein Link.
freiepresse.de/MITREDEN/BLOGS/
Auch die Freie Presse bietet acht Blogs auf ihren Seiten an. Im Blog „Netzgeflüster“ gibt es auch immer einen Link, mehr aber auch nicht. In den anderen Blogs habe ich mir ungefähr 40 Artikel angeschaut und genau zwei Links auf eigene Seiten und einen nach Außen gefunden. Schlagworte und Kategorien gibt es nicht. Auch sucht man so etwas wie eine Blogroll vergebens, den für Blogs typischen RSS-Feed gibt es offenbar auch nicht.
Auffällig dagegen finde ich, dass die komplette Webseite navigationstechnisch betrachtet sich nicht verstecken braucht. Es gibt einige Navigationsmöglichkeiten, die man bei den anderen Kandidaten vermisst. „Am meisten gelesen“, „Am meisten diskutiert“ und „Am meisten empfohlen“ sind genauso vorhanden, wie eine leicht zu bedienende Suche mit der Auswahlmöglichkeit einzelner Rubriken. Mit etwas mehr Sucherei habe ich sogar eine Navigation über Schlagworte gefunden. Warum diese technischen Möglichkeiten nicht augenscheinlich verlinkt werden und nicht für einen Mehrwert der Leser angeboten werden, ist mir allerdings ein Rätsel.
dnn-online.de
Da die Webseiten der Dresdner Neuen Nachrichten fast identisch mit denen der LVZ sind (gleicher Verlag), spare ich mir hier die Details.
Worauf will ich eigentlich hinaus?
Nach der anfänglich gefühlten Linkarmut, bestätigt sich genau das bei der genaueren Betrachtung. Mein Fazit: Die Printmedien haben das Hauptunterscheidungsmerkmal, die Verlinkung – altmodisch gesprochen, den Hyperlink (Wikipedia) – nicht verstanden. Die Vertreter der sächsischen Tageszeitungen können sich also gern auf dem „dieses Internet ist schwieriger als wir dachten“-Podium vertreten sehen. Im Jahr 2011.
Anmerkend will ich eines aber auch nicht unerwähnt lassen. Würden auf diesen Artikel hier gleich mehrere Onlinenews-Seiten verlinken, hätte das mit Sicherheit auch zur Folge, dass meine komplette Seite aufgrund der hohen Besucherlast zusammenbricht und für eine kurze Zeit, also mindestens einen Tag, nicht mehr erreichbar wäre. Einfach nur „Fordernd“ will ich mich demzufolge auch nicht verstanden fühlen.